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JURIDICA INTERNATIONAL. LAW REVIEW. UNIVERSITY OF TARTU (1632)

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From Transition to Accession: A New Era of Estonian Constitutional Thinking

VII/2002
ISBN 9985-870-13-1

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Informationelle Selbstbestimmung und allgemeine Informationsfreiheit in Deutschland

1. Grundlagen der informationellen Selbstbestimmung

Informationelle Selbstbestimmung ist in Deutschland als Teil des grundrechtlich gewährleisteten allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG geschützt. Die etwas holprige Wortschöpfung bezeichnet die aus den Gedanken der Selbstbestimmung folgende Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen seine persönlichen Lebenssachverhalte offenbart werden. *1 Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung gilt als Zusammenfassung aller Aspekte des Persönlichkeitsschutzes, die sich auf Informationen über die Persönlichkeit und die Privatsphäre des Einzelnen beziehen. *2 Unter den modernen Bedingungen der Datenverarbeitung setzt die freie Entfaltung der Persönlichkeit den Schutz des Einzelnen gegen unbegrenzte Erhebung, Speicherung, Verwendung und Weitergabe seiner persönlichen Daten voraus. Das Grundgesetz gewährleistet insoweit die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen. *3 Diese nicht unumstrittene Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts betont den besonderen Wert der Privatsphäre des Einzelnen und die daraus folgende individuelle Bestimmungsbefugnis über die Rolle der eigenen Persönlichkeit im sozialen Umfeld. Die Bedeutung dieses Rechtes folgt schon daraus, dass das Bundesverfassungsgericht sich nicht damit begnügt, es aus Art. 2 Abs. 1 GG zu folgern *4 , sondern es zusätzlich unmittelbar aus der Gewährleistung der Menschenwürde durch Art. 1 Abs. 1 GG begründet. *5

Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hat der Gesetzgeber eine Vielzahl von Einzelgesetzen und Spezialnormen zum Schutz der informationellen Selbstbestimmung erlassen. Sie stehen ihrerseits in der Tradition zahlreicher herkömmlicher Schutzbestimmungen für die Privatsphäre, die sich in Auskunfts- und Zeugnisverweigerungsrechten manifestieren und die Geheimhaltungspflichten besonders für bestimmte Berufe wie Ärzte, Rechtsanwälte und Geistliche begründen.

Die Kernmaterie des so entstandenen Rechtsgebietes bilden das Bundesdatenschutzgesetz und die Datenschutzgesetze der Länder. Soweit Spezialnormen – wie etwa in den Polizeigesetzen oder in den Gesetzen zu den Geheimdiensten – bestehen, gehen diese den allgemeinen Datenschutzgesetzen vor. Die Daten­schutzgesetze der Länder und das Bundesdatenschutzgesetz stimmen in Struktur und vielen Einzel­bestim­mungen weithin überein; es besteht ein gemeindeutsches Datenschutzrecht. Während die Landesdaten­schutzgesetze vorbehaltlich bestehender Spezialgesetze für die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogenen Daten durch öffentliche Stellen gelten, die den Länderkompetenzen unterliegen, erfasst das Bundesdatenschutzgesetz sowohl öffentliche als auch nichtöffentliche Stellen. Der Zweck des Bundes­datenschutzgesetzes – und für ihren Bereich der Datenschutzgesetze der Länder – ist es, den Einzelnen davor zu schützen, dass er durch den Umgang mit seinen personenbezogenen Daten in seinem Persönlich­keitsrecht beeinträchtigt wird. *6 Detaillierte Bestimmungen regeln das Erheben, Speichern, Verändern, Nutzen und Weitergeben personenbezogener Daten. Der Betroffene hat grundsätzlich ein Auskunftsrecht und ein Recht auf Benachrichtigung über die zu seiner Person gespeicherten Daten. Dazu bestehen Ansprüche auf Berichtigung, Löschung und Sperrung von Daten. Zur Kontrolle ordnungsgemäßen Datenschutzes bei den öffentlichen Stellen des Bundes besteht das Amt des Bundesbeauftragten für den Datenschutz, der auf Vor­schlag der Bundesregierung vom Deutschen Bundestag gewählt wird. Entsprechende Datenschutzbeauftragte gibt es in den Ländern. Für die Beaufsichtigung privater Datenverarbeitung bestehen von den Ländern eingerichtete Aufsichtsbehörden.

 

2. Informationsfreiheit

Gemäß Art. 5 Abs. 1 GG hat jeder das Recht, sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unter­­richten. Damit ist das Informationsfreiheitsrecht verfassungsrechtlich gewährleistet. Allerdings ist in der Verfassung nicht definiert, wann eine Quelle allgemein zugänglich sein muss. Dies bedeutet, dass es den Behörden von Verfassungs wegen grundsätzlich freigestellt ist, ihrerseits über die Allgemeinzugänglichkeit einer Information zu entscheiden. Allgemein zugänglich ist eine Informationsquelle dann, wenn sie technisch geeignet und bestimmt ist, der Allgemeinheit, d. h. einem individuell nicht bestimmbaren Personenkreis, Infor­mationen zu verschaffen. *7 Damit legt derjenige, der über die Allgemeinzugänglichkeit entscheidet, auch den Umfang der Informationsfreiheit fest.

Seit langem setzt sich allerdings die Auffassung durch, dass der Bürger erst mit zunehmender Informiertheit Wechselwirkungen in der Politik und ihre Bedeutung für seine Existenz erkennt, so dass seine Freiheit zur Mitverantwortung und zur Kritik in dem Maße wächst, in dem er über staatliche und politische Vorgänge informiert ist *8 , und dass dies eben ein umfassendes Recht auf Information erfordert. Auch wenn Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG den konkreten Umfang der Informationsfreiheit in die Hände derjenigen legt, die über den Zugang zu einer Information entscheiden, zeigt die Norm doch, dass prinzipiell möglichst weitgehende Informations­freiheit herrschen soll. Das muss auf die Bestimmung der Allgemeinzugänglichkeit durchschlagen. Dies folgt auch aus der Funktion der Grundrechte als Teilhaberechte am demokratischen politischen Prozess. Grundrechte tragen vielfältige Funktionen, eine wichtige davon ist die Funktion der Gewährleistung zur Teilhabe am demokratischen öffentlichen Prozess. Dies ist nur möglich, wenn der Bürger angemessen informiert ist. Die Transparenz behördlicher Entscheidungen ist Voraussetzung für die effektive Wahrnehmung von Bürgerrechten. Den Gefährdungen, die sich durch die Entwicklung der modernen Informationstechniken für den Einzelnen und für die Demokratie ergeben, muss entgegengewirkt werden mit Datenschutzrechten auf der einen und Informationszugangsrechten auf der anderen Seite. *9 Beides ergänzt sich in notwendiger Weise, gerade weil der Datenschutz nicht als Vorwand für eine Informationsverweigerung dienen darf. Entsprechend hat sich auch die Konferenz der Datenschutzbeauftragten von Bund und Ländern dafür ausgesprochen, ein „Recht auf Zugang zu den Daten der Verwaltung (Aktenöffentlichkeit, Informations­freiheit)“ in das Grundgesetz aufzunehmen. *10

 

3. Die neuere Entwicklung

3.1. Das geplante Informationsfreiheitsgesetz

Entsprechend bestehen Bestrebungen für den Bund, ein Informationsfreiheitsgesetz zu schaffen *11 , wie es dies in den USA*12 sowie in vielen anderen Staaten gibt – klassisches Beispiel und Vorbild ist auch für die deutsche Entwicklung die schwedische Treckfrihetsförordning von 1766. In Deutschland bestehen auf Landesebene seit neuerem Informationszugangsgesetze in Brandenburg, Berlin und Schleswig-Holstein.

Einzelne, in ihrem Umfang jeweils unterschiedliche Rechte auf Informationszugang sind für besondere Bereiche vorgesehen, etwa auf Grund des Stasi-Unterlagengesetzes und des Umweltinformationsgesetzes sowie für öffentliche Register wie die Handels-, Vereins- und Güterrechtsregister. Im Übrigen besteht ein Anspruch auf Akteneinsicht generell nur innerhalb eines Verwaltungsverfahrens und nur dann, wenn die Akten­kenntnis zur Geltendmachung oder Verteidigung rechtlicher Interessen erforderlich ist. *13 Darüber hinaus muss eine Behörde über Anträge auf Informationszugang dann nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden, wenn der Antragsteller ein berechtigtes Interesse am Informationszugang geltend macht. *14 Damit ist das bisher bestehende Recht des Informationszuganges in Deutschland gekennzeichnet durch das Prinzip des Aktengeheimnisses und der Vertraulichkeit der Verwaltung. *15 Demgegenüber sollen in der neueren Entwicklung die demokratischen Beteiligungsrechte gestärkt und ein partnerschaftliches Verständnis vom Verhältnis zwischen Staat und Bürger gefördert werden, wenn Informationsfreiheitsgesetze in Deutschland verstärkt propagiert werden.

Zu dieser Tendenz tragen nicht zuletzt internationale Entwicklungen und die Rechtslage im Bereich der Europäi­schen Union bei. So ist durch Art. 255 EG ein allgemeines Zugangsrecht zu den Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission gewährleistet. Hierzu ist die Transparenzverordnung (EG) Nr. 1049/2001 ergangen, die den „Verhaltenscodex für den Zugang der Öffentlichkeit zu Kommissions- und Ratsdokumenten“ vom 06. Dezember 1993 *16 und den „Verhaltenscodex betreffend den Zugang der Öffentlichkeit zu den Protokollen und Protokollerklärungen des Rates in seiner Rolle als Gastgeber“ vom 2. Oktober 1995 ablöst. Für manche Bereiche ist die Umweltinformationsrichtlinie wesentlich. *17

Bereits 1981 hat das Ministerkomitee des Europarats eine Empfehlung zum freien Zugang zu amtlichen Information verabschiedet. *18 Wichtig für die internationale Entwicklung sind auch die Bemühungen um Zugang zu Informationen im Umweltbereich geworden. Beispielhaft hierfür mag das Übereinkommen der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa über den Zugang zu Informationen, die Beteiligung der Öffentlichkeit an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten gelten. Deutschland hat dieses Übereinkommen im Dezember 1998 unterzeichnet.

Der Grundsatz, der der Entwicklung zu Informationsfreiheitsgesetzen in Deutschland zugrunde liegt, ist: „Soviel Information wie möglich, soviel Geheimnisschutz wie nötig“. Geheimnistatbestände sollen im Wesentlichen weiterhin in den Spezialgesetzen geregelt sein, weil Art und Umfang des Geheimnisschutzes vom jeweiligen Rechtsgebiet abhängig sind. Ausnahmetatbestände, die in den Informationsfreiheitsgesetzen enthalten sind, betreffen vor allem Bereiche absoluter Geheimhaltung wie Staatsschutz und Landes­ver­teidigung, zum anderen Bereiche wie das Datenschutzrecht und die behördliche interne Meinungs- und Willensbildung. Wesentlich für die Ausweitung des Informationsanspruches ist, dass im Zuge dieser neuen Ent­wicklung nicht mehr der informationssuchende Bürger ein besonderes Interesse an der Information geltend machen muss, vielmehr wird der Zugang zu Informationen der Regelfall und die Versagung die Ausnahme. Deshalb trägt die öffentliche Stelle, die über die Informationserteilung entscheidet, die materielle Beweislast für das Vorliegen von Versagungsgründen.

Datenschutzrechtliche Belange müssen weiterhin geschützt bleiben. Dies folgt schon aus dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung gemäß Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG, aber auch aus den zahlreichen weite­ren verfassungsrechtlichen Bestimmungen mit Relevanz etwa in Bezug auf Geschäftsgeheimnisse, insbeson­dere aus dem Recht auf den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb im Sinne der Berufs und Eigentumsfreiheit, wie es in Art. 12 Abs. 1 und 14 Abs. 1 GG gewährleistet ist. Gleichwohl sind Infor­mations­zugang und Datenschutz unmittelbar verbunden in Spannungsverhältnis wie in gegenseitiger Ergänzung. Schon um das Recht auf informationelle Selbstbestimmung geltend machen zu können, muss der Bürger informiert sein. Informationelle Selbstbestimmung hat deshalb nicht nur die Funktion der Abwehr des Staates, sondern sie dient auch der Kommunikations- und Handlungsfähigkeit.

3.2. Das Verbraucherinformationsgesetz des Bundes

Im förmlichen Gesetzgebungsverfahren befindet sich das Verbraucherinformationsgesetz, dem das Bundes­kabinett am 13. März 2002 zugestimmt hat. Das Gesetz gibt Verbraucherinnen und Verbrauchern einen Anspruch auf Zugang zu Informationen über Lebensmittel und Bedarfsgegenstände, die bei Behörden vor­handen sind und die sich auf den Schutz der Verbraucher beziehen. Einen entsprechenden Anspruch enthält der am selben Tag vom Kabinett verabschiedete Gesetzentwurf zur Neuorganisation des gesundheit­lichen Verbraucherschutzes – über diesen Informationsanspruch hinaus wird für Behörden eine Rechtsgrund­lage geschaffen, damit sie von sich aus bei Verstößen gegen verbraucherschützende Normen und einem gewichtigen Informationsinteresse der Öffentlichkeit Informationen verbreiten können. Sie dürfen dabei Her­steller und Erzeuger konkret benennen. Solche Warnungen waren bisher in einem erheblich eingeschränk­ten Maße gemäß § 8 Produktionssicherheitsgesetz möglich.

Kern der Neuregelung im Verbraucherinformationsgesetz ist der Anspruch auf Informationen bei Behörden gemäß § 4. Danach hat jeder Anspruch auf freien Zugang zu Informationen im Sinne diese Gesetzes, die bei einer Behörde oder bei einer Person des Privatrechts vorhanden sind, die öffentlichrechtliche Aufgaben im Bereich des Verbraucherschutzes wahrnimmt und die der Aufsicht von Behörden unterstellt sind. Die Daten sind, soweit dies mit vertretbarem Aufwand möglich ist, in einer allgemein verständlichen Form aufzubereiten; sie können mit einer Erläuterung versehen werden. Die Behörde kann den Zugang insbesondere über das Internet gewähren. Sie kann auf Antrag auch Auskunft erteilen, Akteneinsicht gewähren oder die Informatio­nen in sonstiger Weise zur Verfügung stellen.

Wesentlich sind die Einschränkungen des Anspruches aus Gründen des Datenschutzes. Zugang zu personenbezogenen Daten darf nur gewährt werden, soweit das Informationsinteresse der Verbraucherin oder des Verbrauchers das schutzwürdige Interesse der oder des Dritten am Ausschluss des Informations­zugangs überwiegt oder die oder der Dritte zustimmt. Der Anspruch besteht nicht, soweit das Bekanntwerden der Informationen die internationalen Beziehungen, die Landesverteidigung oder die Vertraulichkeit der Beratung von Behörden berührt oder eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit verursachen kann. Der Anspruch besteht auch nicht während der Dauer eines Gerichtsverfahrens, eines strafrechtlichen Ermitt­lungs­verfahrens, eines Disziplinarverfahrens oder eines ordnungswidrigkeitenrechtlichen Verfahrens hin­sichtlich der Daten, die Gegenstand des Verfahrens sind. Endlich ist der Anspruch nicht gegeben, wenn durch das Bekanntwerden der Informationen fiskalische Interessen der um Auskunft ersuchten Behörden beeinträchtigt oder Dienstgeheimnisse verletzt werden könnten. Der Anspruch ist zudem ausgeschlossen, soweit der Schutz geistigen Eigentums, insbesondere Urheberrechte, dem Informationsanspruch entgegensteht oder soweit durch die begehrten Informationen Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse oder wettbewerbs­relevante Informationen, die ihrem Wesen nach Betriebsgeheimnissen gleichkommen, offenbart würden. Soweit rechtlich geschützte Interessen Dritter betroffen sind, müssen diese vor Erteilung der Information ange­hört werden.

§ 6 des Gesetzentwurfes regelt die Information der Öffentlichkeit auf Initiative der Behörden. Die Behörde kann die Öffentlichkeit unter Nennung des Erzeugnisses sowie derjenigen, die das Erzeugnis hergestellt oder in Verkehr gebracht haben, über die bedeutsamen Sachverhalte informieren, die im Interesse des Ver­braucherschutzes liegen. Voraussetzung ist, dass hieran ein besonderes Interesse der Öffentlichkeit besteht und dieses Interesse gegenüber den Belangen der Betroffenen überwiegt. Ein solches besonderes Interesse der Öffentlichkeit ist unter anderem dann gegeben, wenn hinreichende Anhaltpunkte dafür vorliegen, dass von einem Erzeugnis eine Gefährdung für die Sicherheit oder Gesundheit ausgehen und auf Grund unzu­reichender wissenschaftlicher Erkenntnis oder aus sonstigen Gründen die Unsicherheit nicht innerhalb der gebotenen Zeit behoben werden kann. Ein besonderes Interesse der Öffentlichkeit liegt in der Regel auch vor, wenn ein nicht gesundheitsschädliches, aber nicht zum Verzehr geeignetes, insbesondere ekelerregendes Lebensmittel in nicht unerheblicher Menge in den Verkehr gelangt.

Der Gesetzentwurf sieht zudem die Einrichtung eines Bundesbeauftragten für den Zugang zu Verbraucher­informationen vor. *19 Die Aufgaben dieses Bundesbeauftragten werden vom Bundesbeauftragten für den Daten­schutz wahrgenommen. Jeder kann den Bundesbeauftragten anrufen, soweit Bundesbehörden betroffen sind, wenn er sich in seinem Recht auf freien Zugang zu Informationen nach dem Verbraucher­informations­gesetz verletzt fühlt. Endlich ist vorgesehen, dass die Bundesregierung alle zwei Jahre einen verbraucher­politischen Bericht veröffentlicht.

3.3. Informationsfreiheitsgesetze der Länder

Beispielhaft für die Entwicklung des Rechts auf Informationsfreiheit im Zusammenspiel mit dem informatio­nellen Selbstbestimmungsrecht in Deutschland ist das Gesetz zur Förderung der Informationsfreiheit im Land Berlin vom 15. Oktober 1999 *20 . Entsprechende Gesetze bestehen in Brandenburg *21  und in Schleswig-Hol­stein. *22 Der Zweck des Berliner Landesgesetzes ist es, durch ein umfassendes Informationsrecht das in Akten festgehaltene Wissen und Handeln öffentlicher Stellen unter Wahrung des Schutzes personenbezogener Daten unmittelbar der Allgemeinheit zugänglich zu machen, um über die bestehenden Informations­möglichkeiten hinaus die demokratische Meinungs- und Willensbildung zu fördern und eine Kontrolle des staat­lichen Handelns zu ermöglichen. Das Gesetz regelt die Informationsrechte gegenüber den Behörden und den sonstigen öffentlichen Stellen des Landes Berlin, den landesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts und gegenüber Privaten, die mit der Ausübung hoheitlicher Befugnisse betraut sind. Für die Gerichte und die Behörden der Staatsanwaltschaft gilt dieses Gesetz nur, soweit sie Verwaltungsaufgaben erledigen. Nach Maßgabe dieses Gesetzes hat jeder Mensch gegenüber den öffentlichen Stellen nach seiner Wahl ein Recht auf Einsicht in die oder Auskunft über den Inhalt der von der öffentlichen Stelle geführten Akten. Die Rechte können auch von juristischen Personen geltend gemacht werden.

Bemerkenswert sind die Einschränkungen dieses Informationsrechts. Zunächst setzt die Informationserteilung eine Aussagegenehmigung für die informationserteilende Stelle voraus, die aber bei Bestehen des Infor­mations­anspruches im Übrigen erteilt werden muss. Das Recht auf Akteneinsicht oder Aktenauskunft besteht nicht, soweit durch die Akteneinsicht oder Aktenauskunft personenbezogene Daten veröffentlicht werden und tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, dass überwiegend Privatinteressen verfolgt werden oder der Offenbarung schutzwürdige Belange der Betroffenen entgegenstehen und das Informationsinteresse das Interesse der Betroffenen an der Geheimhaltung nicht überwiegt. Der Offenbarung personenbezogener Daten stehen schutzwürdige Belange der Betroffenen in der Regel dann nicht entgegen, wenn die Betroffenen zustimmen oder soweit sich aus einer Akte ergibt, dass unter anderem die Betroffenen an einem Verwaltungs­verfahren oder einem sonstigen Verfahren beteiligt sind oder wenn gegenüber den Betroffenen überwachende oder vergleichbare Verwaltungstätigkeiten erfolgt sind. Zusätzlich entsprechende Voraussetzungen enthält § 6 berl. IFG. Das Recht auf Akteneinsicht oder Aktenauskunft besteht weiterhin nicht, soweit dadurch ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis offenbart wird oder dem Betroffenen durch die Offenbarung ein nicht nur unwesentlicher wirtschaftlicher Schaden entstehen kann, es sei denn, das Informationsinteresse überwiegt das schutzwürdige Interesse der Betroffenen an der Geheimhaltung. Auf diese Ausnahme können sich Betroffene und öffentliche Stellen nicht berufen gegenüber der Offenbarung tatsächlicher Anhaltspunkte für das Vorliegen einer strafbaren Handlung. Schutzwürdige Belange stehen der Offenbarung von personen­bezogenen Daten oder von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen in der Regel nicht entgegen, soweit diese Angaben im Zusammenhang mit Angaben über Gesundheitsgefährdungen sowie im Zusammenhang mit den von den Betroffenen dagegen eingesetzten Schutzvorkehrungen stehen. Das Recht auf Akteneinsicht oder Aktenauskunft besteht nicht, soweit und solange durch das vorzeitige Bekanntwerden des Akteninhalts der Erfolg bevorstehender behördlicher Maßnahmen, insbesondere von Überwachungs- und Aufsichts­maßnahmen, ordnungsbehördlichen Anordnungen und Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung, vereitelt wird oder ein vorzeitiges Bekanntwerden des Akteninhalts nach der besonderen Art der Verwaltungstätigkeit mit einer ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung unvereinbar ist. Das gleiche gilt, soweit und solange durch das vorzeitige Bekanntwerden des Akteninhalts der Erfolg eines Ermittlungsverfahrens wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit gefährdet werden kann. Die öffentliche Stelle kann die Akteneinsicht oder Aktenauskunft insoweit nur für die Dauer von drei Monaten verweigern. Eine weitere Vorenthaltung ist nur zulässig, wenn die Voraussetzungen weiterhin vorliegen. Darüber muss neu entscheiden werden. Das Infor­mationsrecht besteht zudem nicht bis zum Abschluss eines Verwaltungsverfahrens für Entwürfe zu Ent­scheidungen sowie für Arbeiten zu ihrer unmittelbaren Vorbereitung. Auch hierfür gibt es einzelne Ausnahmen. Im Übrigen darf die Information nur versagt werden, wenn das Bekanntwerden des Akteninhalts dem Wohle des Bundes oder eines deutschen Landes schwerwiegende Nachteile bereiten oder zu einer schwerwiegenden Gefährdung des Gemeinwohls führen würde.

Die Akteneinsicht oder Aktenauskunft sind gebührenpflichtig. Für die Gewährung von Akteneinsicht oder Aktenauskunft wird eine Gebühr zwischen 20 und 1000 DM erhoben. *23 Zur Wahrung des Informationsrechts ist ein Beauftragter für das Recht auf Akteneinsicht bestellt. Diese Aufgabe wird vom Berliner Datenschutzbeauftragten wahrgenommen. Jeder Mensch hat das Recht, den Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit anzurufen.

3.4. Das Umweltinformationsgesetz des Bundes

Auch auf Bundesebene bestehen Informationsnormen, die den Weg zu allgemeinen Informationsansprüchen vorbereitet haben, freilich beschränkt auf bereichsspezifische Zusammenhänge.

Zu diesen modernen Gesetzen gehört das Umweltinformationsgesetz. *24 Zweck dieses Gesetzes ist es, den freien Zugang zu den bei den Behörden vorhandenen Informationen über die Umwelt sowie die Verbreitung dieser Informationen zu gewährleisten und die grundlegenden Voraussetzungen festzulegen, unter denen derartige Informationen zugänglich gemacht werden sollen. Jeder hat Anspruch auf freien Zugang zu Informationen über die Umwelt, die bei einer Behörde oder sonstigen öffentlichen Stelle vorhanden sind. Die Behörde kann auf Antrag Auskunft erteilen, Akteneinsicht gewähren oder Informationsträger in sonstiger Weise zur Verfügung stellen. Begehrt der Antragsteller eine bestimmte Art des Informationszugangs, so darf die Behörde diesen nur dann durch ein anderes geeignetes Informationsmittel gewähren, wenn hierfür gewichtige, von ihr darzulegende Gründe bestehen. Der Antrag muss hinreichend bestimmt sein und insbesondere erkennen lassen, auf welche Informationen er gerichtet ist. Bei Bestehen eines Anspruchs ist die Information innerhalb einer Frist von zwei Monaten zugänglich zu machen; bei fehlendem Anspruch ist innerhalb dieser Frist ein Ablehnungsbescheid zu erteilen.

Der Anspruch besteht nicht, soweit das Bekanntwerden der Information die internationalen Beziehungen, die Landesverteilung oder die Vertraulichkeit der Beratungen von Behörden berührt oder eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit verursachen kann. Er besteht auch nicht während der Dauer eines Gerichtsverfahrens, eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens, eines Disziplinarverfahrens oder eines ordnungswidrigkeitenrechtlichen Verfahrens hinsichtlich derjenigen Daten, die Gegenstand des jeweiligen Verfahrens sind. Endlich ist der Anspruch ausgeschlossen, wenn zu besorgen ist, dass durch das Bekanntwerden der Informationen bestimmte Umweltgüter erheblich oder nachhaltig beeinträchtigt werden oder der Erfolg bestimmter behördlicher Maßnahmen gefährdet wird. Der Antrag soll abgelehnt werden, wenn er sich auf die Übermittlung noch nicht abgeschlossener Schriftstücke oder noch nicht aufbereiteter Daten oder verwaltungsinterner Mitteilungen bezieht. Dies bedeutet, dass der Antrag unter diesen Umständen im Normalfall abgelehnt werden muß, bei Vorliegen besonderer Ausnahmegründe im Einzelfall die Information aber doch erteilt werden kann. Offensichtlich missbräuchlich gestellte Anträge sind abzulehnen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Antragsteller über die begehrten Daten bereits verfügt. Informationen über die Umwelt, die ein privater Dritter der Behörde ohne rechtliche Verpflichtung übermittelt hat, dürfen ohne Einwilligung des Dritten nicht zugänglich gemacht werden. Das gilt grundsätzlich nicht für Infor­mationen, die der Dritte der Behörde als Unterlage für einen Antrag oder eine Anzeige übermitteln musste.

Wichtig ist auch der Ausschluss oder die Beschränkung des Anspruchs zum Schutz privater Belange. Der Anspruch besteht insofern nicht, soweit durch das Bekanntwerden der Informationen personenbezogene Daten offenbart und dadurch schutzwürdige Interessen der Betroffenen beeinträchtigt würden. Der Anspruch besteht auch dann nicht, wenn der Schutz geistigen Eigentums, insbesondere Urheberrechte, der Auskunftserteilung oder der Zurverfügungstellung von Informationsträgern entgegenstehen. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse dürfen nicht unbefugt zugänglich gemacht werden. Der Anspruch besteht insbesondere dann nicht, wenn die begehrten Informationen dem Steuergeheimnis oder dem Statistikgeheimnis unterliegen. Vor der Entscheidung über die Offenbarung solcher geschützter Informationen sind die Betroffenen anzuhören.

Für die Übermittlung von Informationen werden Kosten erhoben. Die Gebühren sind auch unter Berücksichtigung des Verwaltungsaufwandes so zu bemessen, dass der Informationszugang wirksam in Anspruch genommen werden kann. Die Bundesregierung ist ermächtigt, für Amtshandlungen der Behörden des Bundes die Höhe der Kosten durch Rechtsverordnung zu bestimmen.

3.5. Einzelgesetzliche Auskunftsansprüche

Nach einer großen Zahl von Einzelgesetzen bestehen Auskunftsansprüche der Betroffenen. Sie beziehen sich, abgesehen von Ansprüchen auf Auskunft aus amtlichen Registern, zumeist auf Auskünfte über die eigenen personenbezogenen Daten, die bei der Behörde vorhanden sind. Insoweit dient der Auskunftsanspruch der Kontrolle der Rechtmäßigkeit des behördlichen Umganges mit personenbezogenen Daten. So erteilt nach § 15 Bundesverfassungsschutzgesetz das Bundesamt für Verfassungsschutz dem Betroffenen auf Antrag unentgeltlich Auskunft über zu seiner Person gespeicherte Daten, soweit er hierzu auf einen konkreten Sach­verhalt hinweist und ein besonderes Interesse an einer Auskunft darlegt. Die Auskunftserteilung unterbleibt, soweit eine Gefährdung der Aufgabenerfüllung durch die Auskunftserteilung zu besorgen ist, durch die Auskunftserteilung Quellen gefährdet sein können oder die Ausforschung des Erkenntnisstandes oder der Arbeitsweise des Bundesamtes für Verfassungsschutz zu befürchten ist. Dasselbe gilt, wenn die Aus­kunft die öffentliche Sicherheit gefährden oder sonst dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde. Endlich unterbleibt die Auskunftserteilung dann, wenn die Daten oder die Tatsache der Speicherung nach einer Rechtsvorschrift oder ihrem Wesen nach, insbesondere wegen der überwiegenden berechtigten Interessen eines Dritten, geheimgehalten werden müssen.

Die Auskunftsverpflichtung erstreckt sich nicht auf die Herkunft der Daten und die Empfänger von Übermitt­­lungen. Die Ablehnung der Auskunftserteilung bedarf keiner Begründung, soweit dadurch der Zweck der Aus­kunftsverweigerung gefährdet würde. Die Gründe der Auskunftsverweigerung sind aktenkundig zu machen. Wird die Auskunftserteilung abgelehnt, ist der Betroffene auf die Rechtsgrundlage für das Fehlen der Begründung und darauf hinzuweisen, dass er sich an den Bundesbeauftragten für den Datenschutz wenden kann.

Auskunftsansprüche enthalten seit langem die Verfahrensgesetze des Bundes und der Länder. Diese Auskunftsansprüche sind freilich auf die im Rechtssinne Beteiligten von Verwaltungsverfahren beschränkt. So erteilt gemäß § 25 Bundesverwaltungsverfahrensgesetz die Behörde soweit erforderlich Auskunft über die den Beteiligten im Verwaltungsverfahren zustehenden Rechte und die ihnen obliegenden Pflichten. Ge­mäß § 29 Bundesverwaltungsverfahrensgesetz hat die Behörde den Beteiligten Einsicht in die das Verfahren betreffenden Akten zu gestatten, soweit deren Kenntnis zur Geltendmachung oder Verteidigung ihrer recht­lichen Interessen erforderlich ist. Das gilt bis zum Abschluss des Verwaltungsverfahrens nicht für Ent­würfe zu Entscheidungen sowie die Arbeiten zu ihrer unmittelbaren Vorbereitung. Die Behörde ist zu Gestattung der Akteneinsicht nicht verpflichtet, soweit durch sie die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben der Be­hörde beeinträchtigt, das Bekanntwerden des Inhalts der Akten dem Wohle des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde oder soweit die Vorgänge nach einem Gesetz oder ihrem Wesen nach, namentlich wegen der berechtigten Interessen der Beteiligten oder dritter Personen, geheimgehalten werden müssen. Die Beteiligten haben Anspruch darauf, dass ihre Geheimnisse, insbesondere die zum persönlichen Lebens­bereich gehörenden Geheimnisse sowie die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, von der Behörde nicht unbefugt offenbart werden.

 

4. Informationsrechte der Medien

Von erheblicher Bedeutung sind auch die Auskunftsansprüche der Presse und Medien. Sie sind überwiegend in Landesgesetzen geregelt. Die Presse hat insofern eine Mittlerfunktion zwischen den Behörden und dem allgemeinen Informationsinteresse der Öffentlichkeit und ihrem Recht auf Teilhabe am demokratischen öffent­lichen Prozess. Stellvertretend für zahlreiche landesrechtliche und einige bundesrechtliche Bestimmun­gen soll im folgenden auf das Landespressegesetz von Rheinland-Pfalz abgestellt werden. *25

Die Presse erfüllt nach gemeindeutschem Presserecht eine öffentliche Aufgabe, wenn sie in Angelegenheiten von öffentlichem Interesse Nachrichten beschafft und verbreitet, Stellung nimmt, Kritik übt oder auf andere Weise an der Meinungsbildung mitwirkt. Die Behörden sind verpflichtet, den Vertretern der Presse die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe dienenden Auskünfte zu erteilen. Nach ganz herrschender Meinung ist dies freilich ein Auskunftsrecht aufgrund konkreter, spezifizierter Anfragen. Eine allgemeine, aktive Informationspflicht der Behörden besteht hieraus nicht. Auskünfte können verweigert werden, soweit durch sie die sachgemäße Durchführung eines schwebenden Verfahrens vereitelt, erschwert, verzögert oder gefährdet werden könnte oder Vorschriften über Geheimhaltung entgegenstehen oder ein überwiegend öffentliches oder schutzwürdiges privates Interesse verletzt würde oder ihr Umfang das zumutbare Maß überschreitet. Allgemeine Anordnungen, die einer Behörde Auskünfte an die Presse verbieten, sind unzulässig. Der Verleger einer Zeitung oder Zeitschrift kann von den Behörden verlangen, dass ihm deren amtliche Bekanntmachungen nicht später als seinen Mitbewerbern zur Verwendung zugeleitet werden.

 


5. Das Stasiunterlagengesetz und der Fall Kohl

In besonders öffentlichkeitswirksamer Weise hat sich der Gegensatz zwischen allgemeinem Informations­interesse der Öffentlichkeit und den Geheimhaltungsinteressen von Betroffenen in der Frage der Veröffent­lichung von Geheimdienstmaterial über den früheren Bundeskanzler Kohl dargestellt, das vom früheren Staatssicherheitsdienst der DDR gesammelt worden waren. Einschlägiges Gesetz über den Umgang mit solchem Material ist das Gesetz über die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demo­kratischen Republik vom 20. Dezember 1991. *26 Dieses Gesetz regelt die Erfassung, Erschließung, Ver­­waltung und Verwendung der Unterlagen des Ministeriums für Staatssicherheit und entsprechender Stellen, um dem Einzelnen Zugang zu den vom Staatssicherheitsdienst zu seiner Person gespeicherten Informationen zu ermöglichen, damit er die Einflussnahme des Staatssicherheitsdienstes auf sein persönliches Schicksal aufklären kann. Das Gesetz dient zudem dazu, den Einzelnen davor zu schützen, dass er durch den Umgang mit den vom Staatssicherheitsdienst zu seiner Person gespeicherten Informationen in seinem Persönlichkeits­recht beeinträchtigt wird. Darüber hinaus dient es dazu, die historische, politische und juristische Aufarbeitung der Tätigkeit des Staatssicherheitsdienstes zu gewährleisten und zu fördern und endlich auch dazu, öffentlichen und nichtöffentlichen Stellen die erforderlichen Informationen für die in diesem Gesetz genannten weiteren Zwecke zur Verfügung zu stellen. Für die Erfüllung dieser Aufgaben ist ein Bundesbeauftragter für die Unter­lagen des Staatssicherheitsdienstes bestellt, der vom Deutschen Bundestag gewählt wird.

Der Staatssicherheitsdienst hatte über den früheren Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl insgesamt 7000 Blatt Akten gesammelt. Die Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes hatte angekündigt, insgesamt 2500 Blatt dieser Akten Dritten ohne Einwilligung des früheren Bundeskanzlers zugänglich zu machen. Dies sollte der Forschung zum Zwecke der politischen und historischen Aufarbeitung der Tätigkeit des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik dienen sowie Zwecken der politischen Bildung. Auch Presse, Rundfunk, Film und ähnlichen Stellen sollten Einsicht in die Unterlagen mit personenbezogenen Informationen gewährt werden. Das Stasiunterlagengesetz lässt in der Tat in seinem § 32 zu, dass der Bundesbeauftragte Unterlagen für die Forschung zum Zwecke der politischen und histori­schen Aufarbeitung der Tätigkeit des Staatssicherheitsdienstes sowie für Zwecke der politischen Bildung zur Verfügung stellt. Zu diesen Unterlagen gehören auch solche mit personenbezogenen Informationen über Per­sonen der Zeitgeschichte, über Inhaber politischer Funktionen oder über Amtsträger in Ausübung ihres Amtes. Dies gilt freilich unter anderem dann nicht, wenn diese Personen selbst Betroffene sind. Die ent­sprechenden Voraussetzungen gelten für die Verwendung von Unterlagen durch Presse, Rundfunk, Film und ähnlichen Stellen.

In dem Rechtsstreit hat das Bundesverwaltungsgericht zu Gunsten des Klägers Dr. Helmut Kohl entschieden. *27 Das Bundesverwaltungsgericht hat festgestellt, dass das Stasiunterlagengesetz die Herausgabe der von der Stasi gesammelten Erkenntnisse über den früheren Bundeskanzler insgesamt verbietet. Auch die im Stasi­unter­lagengesetz erwähnte Personen der Zeitgeschichte und Amtsträger in Ausübung ihres Amtes, zu denen der Kläger zweifellos gehöre, seien gegen die Herausgabe ihrer Stasiunterlagen geschützt, wenn sie Betroffene oder Dritte und damit Opfer der Stasi seien. Das sei im Gesetz ausdrücklich und eindeutig festgelegt und ent­spreche der im Gesetzgebungsverfahren unmissverständlich zum Ausdruck gekommenen Absicht des Gesetzgebers. Der Kläger sei Betroffener im Sinne des Gesetzes, weil über ihn systematisch von der Stasi Informationen gesammelt worden seien. Dem Argument der Bundesbeauftragten, bei diesem Verständnis mache die Erwähnung der Personen der Zeitgeschichte und der Amtsträger im Gesetz keinen Sinn, misst das Bundesverwaltungsgericht keine entscheidende Bedeutung bei. Dieser Gesichtspunkt könne es nicht recht­fertigen, den Gesetzeswortlaut zu ignorieren und in offenkundigem Widerspruch zu ihm zu entscheiden. Es sei auch nicht zu befürchten, dass durch die Gleichstellung der Personen der Zeitgeschichte mit anderen Stasiopfern die vom Stasiunterlagengesetz unter anderem bezweckte Erforschung der Stasitätigkeit ernsthaft gefährdet werde. Hierfür stünden genügend andere Unterlagen zur Verfügung. Entscheidend sei im Übrigen, dass der Gesetzgeber bei der Frage der Freigabe personenbezogener Daten dem Opferschutz eindeutig den Vorzug eingeräumt habe. *28

Insgesamt zeigt so dieses Urteil exemplarisch für die Gesetzeslage im Allgemeinen, dass das deutsche Recht dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit und des einzelnen Bürgers zunehmend erhebliches Gewicht beimisst, dass aber im Konfliktfall das legitime Geheimhaltungsinteresse des betroffenen Privaten den Vorzug erhält. 

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pp.98-105